Versicherer und Millennials – Google und FinTechs kämpfen schon um sie…

FinTechs mit mutigen Ideen und ein Internetgigant, den man nicht zu früh abschreiben sollte – der Kampf um den Versicherungskunden geht in eine neue Runde.

Die Millennials, vielleicht die exotischste Gruppe unter all den Generationen. Zwischen 1990 und 2010 waren sie im Teenageralter – Millennials, Natural Born Digitals, die es nicht mehr anders kennen, als Google zu fragen, wenn sie wissen wollen, wann die USA gegründet wurden oder die Müllabfuhr das nächste Mal vorbeischaut.

Oder sich nur sehr, sehr dunkel daran erinnern können, ein Lexikon in Buchform geöffnet zu haben.

Versicherer wirken weit weg von der Galaxie der Millennials

Versicherer sind, wenn man ihren Stereotyp betrachtet, ungefähr so weit weg vom Denken und Handeln der Millennials wie die NASA davon, uns alle auf dem Mars auszusetzen. Transparenz und Mitbestimmung? Für einige – wenn auch nicht für alle – Versicherer nicht die leichteste Übung. Und wie steht es um die User Experience im digitalen Raum? Ebenfalls für viele eine Herausforderung. Online-Versicherer sind hier natürlich klar im Vorteil. Sie haben in den letzten Jahren Erfahrungen gesammelt und müssen auch keine große Vertriebsmannschaft bezahlen. Aber eine verwendbare Website macht noch keine wirklich gute Experience… Dazu gehört heute mehr, als eine Website so zu gestalten, dass der Interessent sie bedienen kann. Wie spreche ich meine Kunden so an, dass sie am Ende wirklich engaged sind und das Produkt tatsächlich erwerben? Diese Frage treibt viele Versicherer um, ob klassische oder Direktversicherer. Denn diese Frage passt in beide Welten – online und offline. Und wo viele Versicherer noch darüber nachdenken, wo der Weg hingeht, sind Google und verschiedene FinTechs bereits ein paar Meter vom Startblock losgelaufen.

Google nimmt einen neuen Anlauf

Versicherer müssen sich warm anziehen. Auch Google rückt mal wieder an, um die Millennials zur Versicherung zu bringen. Und dabei kombiniert Google Attribute, die Millennials noch am ehesten zum Vertragsabschluss führen können – Transparenz, Benutzerfreundlichkeit, Verantwortung, Engagement und Erlebnis. Mal mehr von dem einen, mal mehr von dem anderen. Google will mit seinem „Google Protect“ oder „Google Compare“ getauften Vergleichsdienst für mehr Transparenz am Markt sorgen. Natürlich ist Google mit bisherigen Versuchen eher durch Rückzüge aufgefallen als mit Durchbrüchen. Aber Google hat – im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen – eine „Fehlerkultur“. Dinge werden getestet und wieder verworfen, wenn sie nicht funktionieren. Dann werden sie modifiziert oder warten auf den richtigen Zeitpunkt zum Durchbruch. Der Rückzug und das Scheitern gehören zu diesem Prozess. Und die Lerneffekte stecken am Ende dann womöglich in einem durchschlagenden Erfolg. Dass Google den Versicherer-Markt weiter im Auge hat, zeugt jedenfalls davon, dass sie an diesem Thema arbeiten.

FinTechs kombinieren Transparenz und Nutzerkomfort mit Corporate Social Responsibility

So manches FinTech denkt schon weit über den reinen Vergleich von Versicherungen hinaus und kreiert völlig neue Konzepte, mit denen es vor allem die Millennials anzusprechen vermag. Die Macher von Clark.de vereinen in ihrem Vermittlungskonzept nicht nur ähnliche Attribute wie Google, sondern wagen es auch, das in die Kritik geratene Geschäftsgebaren einiger Versicherer (die ihre Produkte primär über Makler an den Mann und die Frau bringen wollen) offen zu attackieren:

„Versicherungen, wie sie sein sollten. Einfach. Transparent. Fair. Clark macht das Kleingedruckte verständlich und zeigt dir alle Provisionen, die für Versicherungen gezahlt werden. Damit erhältst du volle Transparenz und kannst selbst entscheiden, welcher Vertrag für dich am besten ist. Unsere Mitarbeiter beraten dich dabei unabhängig, da sie keinen Bonus für den Abschluss von Neuverträgen erhalten.“

Und das ist noch nicht alles. Sie spenden einen Teil der Provisionen für den guten Zweck und wollen langfristig eine Gesetzesänderung erwirken, um Provisionen an ihre Kunden rückausschütten zu können. Im Vergleich zu allem, was wir bisher von Versicherungsmaklern gehört haben, ist das eine radikale Idee, die aktuell eher mit dem Mars als mit der Erde verbunden ist.

Klar, am Ende entscheidet häufig der Geldbeutel. Aber auch dieser Aspekt kommt bei Clark nicht zu kurz: Neben dem unabhängigen Vergleich der Versicherungen besteht die Möglichkeit, aktuelle Policen gegen den Markt zu benchmarken. So kann der Kunde auf einen Blick sehen, welche Versicherung die preisgünstigste ist. Und durch die Beratungsleistung, die er erhält, wird er auch weniger geneigt sein, misstrauisch gegenüber einem Wechsel zu sein. Der Berater verschwindet in diesem Konzept nicht völlig, er ist noch da, wird aber anders motiviert als üblich. Hier wird Transparenz mit Beratungsleistung gepaart. Und das ist nach wie vor enorm wichtig! Untersuchungen zeigen, dass Beratung auch bei den Millennials noch hoch im Kurs steht – die Frage muss aber lauten: Welche Art der Beratung wird bei ihnen zum Ziel führen? Die klassische? Oder dann doch neue digitale Lösungen?

Die Herausforderung: Generationen verbinden

FinTechs wie z.B. Clark wählen eine Ansprache, die Millennials verstehen und sie ins Herz treffen dürfte. Versicherer haben hier Nachholbedarf und benötigen neue Strategien, um ihre Versicherungen zu verkaufen. Allerdings ist das nur ein Teil der Herausforderung – und der zweite ist fast der größere: Millennials schön und gut, aber mindestens genauso viele Kunden können sich noch lebhaft an den Brockhaus erinnern. Vielleicht schauen sie sogar noch regelmäßig hinein. Damit gleicht die künftige Ausrichtung einem Tanz auf dem Drahtseil: Innovativ sein und gleichzeitig angestammte Kunden adressieren. Die Frage muss also lauten: Wie schaffen es Versicherer, die Millennials anzusprechen, ohne ihre anderen Kunden zu irritieren und zu verprellen?

 

Bildquelle: Shutterstock

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