Digitale Kommunalfinanzierung: Andreas Franke von Loanboox im Interview

Mit nur wenigen Klicks zur Kreditanfrage – das ermöglicht Loanboox mit seiner Plattform seit Ende 2017 auch deutschen Gemeinden und Städten.

Der Markt der Kommunalfinanzierung wird traditionell von einigen wenigen Playern dominiert und zeichnet sich durch einen hohen Grad an Bürokratisierung aus. Das Schweizer Start-up Loanboox ist angetreten, diesen Markt zu digitalisieren. Seit Ende 2017 ist das Unternehmen auch in Deutschland aktiv und bringt auf seiner Onlineplattform öffentlich-rechtliche Kreditnehmer, institutionelle Kapitalgeber und Banken zusammen. Damit hat es einen zeitlichen Startvorteil gegenüber der Plattform „Komuno“ von der Helaba, die erst Anfang September an den Start gehen soll. Ich habe mit Andreas Franke, Geschäftsführer von Loanboox, über sein Geschäftsmodell gesprochen.

Welche Idee steckt hinter Loanboox oder anders gefragt: Wo kommt der eigentliche „Need“ für das Geschäftsmodell her?

Die Digitalisierung hält Einzug in fast jeden Bereich der Arbeitswelt – und macht komplexe Prozesse einfacher sowie effizienter. Nur an dem öffentlich-rechtlichen Kreditgeschäft hat sich in den vergangenen 50 Jahren so gut wie nichts geändert. Kreditnehmer fragen Kapitalgeber nach wie vor manuell oder via Makler an. Ein etabliertes Verfahren, das aber wegen seiner hohen Bürokratisierung wenig effizient ist. Indem wir die Prozesse der Kommunalfinanzierung digitalisieren, schaffen wir einen Mehrwert für alle Beteiligten. Das kommt bei Kreditnehmern und bei Kapitalgebern gut an.

Sie sind angetreten, um die Kommunalfinanzierung zu digitalisieren. Jetzt gelten öffentliche Stellen ja nicht unbedingt als digitale Vorreiter, wie lösen Sie diesen Widerspruch auf?

Fakt ist, dass die Finanzentscheider in öffentlichen Stellen unzufrieden mit dem bisherigen Prozess der Kapitalaufnahme sind. Das belegen mehrere Umfragen. Im Gegensatz zur herkömmlichen Vermittlung ist die Finanzierung über die Loanboox-Plattform einfacher, transparenter, sicherer und auch kostengünstiger. Angesichts dieser Vorteile fällt es uns nicht schwer, Kreditnehmer von der digitalen Kreditbeschaffung via Loanboox zu überzeugen.

Wie groß ist das Kreditvolumen, das bisher über Loanboox abgewickelt wurde?

Seit dem Start von Loanboox im September 2016 in der Schweiz wurden über die Plattform Finanzierungen in Höhe von mehr als 10 Milliarden Euro angefragt, davon entfallen rund 1,5 Milliarden Euro auf deutsche Kreditnehmer. Global betrachtet wurde dabei jede zweite Finanzierungsanfrage erfolgreich abgeschlossen.

Ihre bisher größte Herausforderung?

Eine unserer größten Herausforderungen direkt nach dem Start in Deutschland war sicherlich, genügend Kapitalgeber auf unsere Plattform zu bringen, die all die Anfragen der Kreditnehmer finanzieren. Inzwischen sind – nur acht Monate nach dem Go-Live – rund 60 Kapitalgeber registriert, Tendenz stark steigend.

Was machen Sie besser als die etablierten Player?

Unsere Kunden auf Kapitalgeberseite schätzen vor allem, dass sie über unsere Plattform direkten Zugang zu Kreditnehmern erhalten – und zwar nicht nur aus Deutschland, sondern länderübergreifend. So können sie auf Loanboox aktiv nach attraktiven Anlagemöglichkeiten suchen. Der Aufwand dafür ist minimal, nur wenige Klicks sind erforderlich.

Darüber hinaus haben wir gegenüber großen, etablierten Playern den Vorteil, dass unsere Prozesse verhältnismäßig schlank und effizient sind. Wir können unsere Plattform flexibel auf individuelle Kundenbedürfnisse abstimmen. Das ist insbesondere bei der Expansion in andere Länder und bei der Entwicklung von neuen Funktionen oder Produkten ein wesentlicher Pluspunkt.

Sie sind in der Schweiz gestartet, seit Ende 2017 in Deutschland aktiv und bereiten derzeit den Markteintritt in Österreich und Frankreich vor – wie groß sind die Markt- und Mentalitätsunterschiede?

Grundsätzlich kann man sagen, dass in allen Ländern, in denen wir aktiv sind und sein werden, ein großes Interesse nach einer einfachen und transparenten Plattform-Lösung zur Kreditbeschaffung bzw. -vergabe besteht. Dennoch hat natürlich jeder Markt seine Eigenarten und jeder Kunde seine individuellen Bedürfnisse. In der Schweiz und in Deutschland zum Beispiel werden sowohl kurzfristige Darlehen zur Aufrechterhaltung der Zahlungsbereitschaft als auch Investitionskredite zur Finanzierung langfristiger Projekte über die Plattform angefragt. In Österreich und Frankreich hingegen werden Kommunalkredite typischerweise nur zur Finanzierung von Investitionen aufgenommen. Auch gibt es nationale Unterschiede hinsichtlich der Rückzahlungsmodalitäten. Während die meisten Kreditnehmer in der Schweiz eine endfällige Tilgung bevorzugen, wird ein Darlehen in Deutschland sowohl per Annuität, durch Raten oder endfällig getilgt. In Österreich dominiert die variable Verzinsung.

Wohin geht der Weg für Loanboox?

Unser Ziel für die kommenden Jahre ist es, in allen europäischen Key-Märkten etabliert zu sein. Die bevorstehenden Markteintritte in Österreich und Frankreich sind der nächste Schritt zur Verwirklichung unserer ehrgeizigen internationalen Pläne. Weitere Länder werden folgen, genauso wie zusätzliche Kundensegmente und Finanzprodukte.

 
Bildquelle: Shutterstock

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