Deutsche Spezial- und Start-up-Banken: zwischen Innovation und Kooperation

Mit systematischer Kreativität und gezielten FinTech-Kooperationen zum Erfolg: die deutschen Spezial- und Start-up-Banken zeigen, wie es geht.

Vor Kurzem habe ich mich ausführlich mit den FinTech-Aktivitäten europäischer Großbanken auseinandergesetzt. Das Fazit: Ob London, Berlin/Frankfurt, Bern oder Madrid – die europäischen Großbanken suchen an den gleichen Stellen nach Inspiration und verlassen sich vornehmlich auf externes Know-how. Welche Strategien verfolgen die deutschen Spezial- und Start-up-Banken?

Ein Überblick:

Fidor Bank: Die Online-Bank mit FinTech-Qualitäten

Die Fidor Bank machte gerade mit der Ankündigung Furore, gemeinsam mit dem Mobilfunkanbieter O2 die erste deutsche Smartphone-Bank aus der Taufe zu heben. Ab Spätsommer sollen Kunden (und dazu ist kein O2-Vertrag notwendig) die App herunterladen können. Sie erhalten ein vollwertiges mobiles Bankkonto – inklusive Mastercard, Bargeldabhebung und Überweisungen. Geld soll dabei auch mittels Handynummer oder E-Mail-Adresse überwiesen werden können. Kunden mit O2-Mobilfunkvertrag bekommen ihr Konto mit mehr mobilem Datenvolumen „verzinst“. Parallel strukturiert Fidor auch intern um: der bisher reine Technologie- und Software-Anbieter FidorTecS wird in die Fidor Bank integriert und soll zum Anbieter für „digitale Infrastruktur-Lösungen“ werden – sowohl für Banken als auch für Nicht-Banken. Damit reagiert man u.a. auf die neue Konkurrenz in Form der solarisBank.

Die 2003 gegründete und seit 2009 mit einer Vollbanklizenz ausgestattete Fidor Bank kann getrost als Vorreiter beim Thema Banking 2.0 bezeichnet werden. Dabei versteht man sich explizit nicht als FinTech, sondern eher als BankTech. So verwundert auch die Aussage von Gründer und Geschäftsführer Matthias Kröner nicht, mit der er kürzlich für Aufsehen gesorgt hat: „FinTechs sind weder relevant noch disruptiv“.

Sutor Bank: Die Privatbank mit Innovationsgeist

Die Sutor Bank blickt auf eine lange Tradition zurück: 1921 in Hamburg für den vermögenden Privatkunden gegründet, versteht man sich heute als „Privatbank für alle“. Die Digitalisierung begreift man als Chance, neue Geschäftsfelder sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich zu erschließen. So hat man sich auch für eine interessante Doppelstrategie entschieden: Es werden konsequent FinTech-Ideen für das eigene Private Banking evaluiert – vor drei Jahren ging die Sutor Bank z.B. als erste deutsche Bank mit einem Robo-Advisor online. Auf der anderen Seite bietet man mit der hauseigenen Start-up-Plattform Services für FinTechs an. Hier werden ihnen alle Produkte, Prozesse und Dienstleistungen zur Verfügung gestellt, die sie von einer lizenzierten Bank benötigen (Banking-as-a-Service). Anders als rein technisch orientierte White-Label- oder API-Banken steigt die Sutor Bank tief in die Geschäftsmodell- und Geschäftsprozessentwicklung mit ein. Die Infrastruktur nutzen u.a. growney, creditshelf, fairr.de und Zinspilot. Bereits seit Mitte 2015 besteht eine Kooperation mit FinReach, einer Gründung des FinTech Company Builder FinLeap. Gemeinsam bietet man digitale Antragsstrecken und Banking-Lösungen an.

solarisBank: Die erste FinTech-Bank

Apropos FinLeap, der Start-up-Inkubator steckt hinter einer der aufsehenerregendsten Neugründungen 2016: der solarisBank. Eine reine B2B-Geschäftsbank für die Digitalbranche, die Zielgruppe sind FinTechs und E-Commerce-Unternehmen. Die solarisBank startet auf der grünen Wiese – ohne Legacy-Systeme und vollständig API-basiert. Es wird eine Banking-Plattform bereitgestellt, an die neue Angebote schnell und unkompliziert angebunden werden können. Damit sollen lange Entscheidungswege der Banken umgangen werden. Die Vollbanklizenz der BaFin hat der neue Player in der Rekordzeit von neun Monaten erhalten, in Vorstand und Aufsichtsrat sitzen zahlreiche Bankexperten.

Number26: Das FinTech auf dem Weg zur Bank

Und da wir gerade schon in der FinTech-Welt sind: Werfen wir einen Blick auf Number26. Hier ist das Geschäft rein auf das Online-Banking ausgerichtet: Über die Number26-App können Kunden ein Konto direkt am Smartphone eröffnen und verwalten. Dazu bekommen sie eine Kredit- und EC-Karte für gebührenfreies Bezahlen und Abheben weltweit. Zwar hat das FinTech (noch) keine Banklizenz, doch die Gerüchteküche brodelt bereits seit Längerem. Zumal das Start-up gerade 40 Millionen an frischem Kapital eingeworben hat – dem PR-Desaster rund um undurchsichtige Kontokündigungen zum Trotz. Manch einer konstatierte in diesem Zusammenhang zynisch, dass die kühle und distanzierte Kundenkommunikation fast schon an eine klassische Bank erinnert. Geschadet hat es Number26 nicht, nie war der Bekanntheitsgrad höher: Laut Gründer Valentin Stalf hat sich die Zahl der Neukunden seitdem pro Woche um mehr als die Hälfte erhöht. Der springende Punkt ist meiner Ansicht nach aber sowieso ein anderer – nämlich die Frage der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Geschäftsmodells. Bisher macht das Start-up mit seinem Konzept keinen Gewinn.

Update vom 21.07. 2016: Bereits heute war es so weit: Number 26 gab bekannt, eine Banklizenz von der Europäischen Zentralbank erhalten zu haben. Außerdem ist das Start-up im Besitz der deutschen Vollbanklizenz von der BaFin. Im gleichen Zuge nimmt Number 26 ein Rebranding vor und nennt sich ab sofort N26.

Wirecard Bank: Die Bank, die mal ein Start-up war

Für seine Dienste nutzt Number26 – und hier spannt sich der Bogen logisch weiter –die Banklizenz der Wirecard Bank. 1999 gegründet, verfügt die Bank seit 2006 über eine Banklizenz und hat ihre Wertschöpfung Schritt für Schritt erweitert. In der Zwischenzeit ist das Geschäftsmodell sehr komplex und die Struktur schwer durchschaubar geworden. Ein Hauptgeschäft ist das Acquiring, außerdem bietet man Lösungen für Mobile Payment und das Risikomanagement an. Im Privatkundenbereich hat sich Wirecard auf die Ausgabe von Prepaid-Kreditkarten in Kombination mit einem Girokonto spezialisiert. Geschäftskunden können ihren Zahlungsverkehr über die Wirecard Bank abwickeln. Eine weitere Säule ist das Partnergeschäft: Die Bank ermöglicht Unternehmen, Kredit-, Debit- oder Prepaidkarten zur Kundenbindung oder im Rahmen von Co-Branding herauszugeben. Bereits seit 2014 besteht zwischen Rocket Internet und Wirecard eine strategische Partnerschaft – so haben bereits Paymill, Payleven, Zencap und Lendico mit der Bank zusammengearbeitet. Der neuste Coup ist eine Kooperation mit Alipay zur Bereitstellung von Point-of-Sale-Zahlungsakzeptanz für das Alipay Wallet. Die Lösung richtet sich an stationäre Einzelhändler in Europa, die chinesischen Touristen die Bezahlmethode anbieten möchten. Für Aufsehen sorgte vor einer guten Woche ein Bericht der Bild am Sonntag, dem zufolge Alipay plant, 25 Prozent an Wirecard zu übernehmen. Wirecard wollte sich zu den Gerüchten nicht äußern und bestätigte nur, dass man strategische Gespräche mit verschiedenen Partnern führe. Allerdings berichtete der Aktionär, dass die Betreibergesellschaft von Alipay ein bevorstehendes Investment dementierte.

Penta Bank: Die Geisterbank

Während meiner Recherche bin ich noch auf einen weiteren neuen potenziellen Player am Markt gestoßen: die Penta Bank mit Sitz in Berlin. Allerdings ist die Informationsdichte an dieser Stelle noch sehr gering. Bisher existieren eine spärliche Website und ein Twitter-Kanal. Etwas mehr Licht ins Dunkel bringt lediglich ein Anfang Juni bei Banking Technology erschienener Artikel. Hier heißt es unter anderem: „Penta Bank is a new digital banking player in Germany working towards a spring 2017 launch. Penta’s initial target market will be German and French SMEs.” Eine eigene Banklizenz zu beantragen, sei nicht geplant – dafür eine Zusammenarbeit mit einem etablierten Player. Auf technologischer Seite wird in diesem Kontext Fidor ins Spiel gebracht. Über den Head of Product Luka Ivicevic war so viel in Erfahrung zu bringen: „Luka Ivicevic is an American entrepreneur, engineer and product manager. He’s been building startups since he was 19 in Europe and the US.” Gerne hätte ich etwas genauer berichtet, eine Anfrage per Twitter blieb bis dato jedoch unbeantwortet. Ich bleibe dran…

Flexible Innovationen

In Bezug auf die europäischen Großbanken habe ich Folgendes festgestellt: Banken können mit FinTechs kooperieren oder FinTechs kaufen, aber ohne ein internes Innovationsmanagement fehlt in letzter Konsequenz die Durchschlagskraft. Blickt man nun auf das Engagement der vorgestellten Spezial- und Start-up-Banken. wird diese Aussage in aller Deutlichkeit unterstrichen. Sie alle haben sich dem FinTech-Thema früh geöffnet bzw. kommen selbst aus dem Start-up-Lager. Dabei nutzen sie zum einen neue Geschäftsmodelle für ihr eigenes Business, stellen FinTechs zum anderen aber auch Infrastruktur und Know-how bereit. Das Potenzial von Banking-as-a-Service-Leistungen zeigt sich u.a. in der Neugründung der solarisBank, aber auch im Engagement von Sutor und Fidor. Kennzeichnend ist außerdem ein weiteres Merkmal: Sie alle betreiben ein konsequentes Innovationsmanagement von innen heraus. Eine Doppelstrategie, die ihnen – als eher „kleine Geldhäuser“ – attraktive, neue Perspektiven eröffnet. Eine Chance, die viele klassische Geschäftsbanken verschlafen (haben). Allerdings muss eines klar sein: Damit Innovationen monetäre Früchte tragen, brauchen sie einen festen Unterbau – eine Herausforderung, vor der z.B. Number26 aktuell steht.

 

Bildquelle: Shutterstock

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