FinTech vs. Banken: Wie sieht das Banking der Zukunft aus?

Ob FinTechs oder Banken den Kampf um das Banking der Zukunft gewinnen werden, ist die falsche Frage: Verlieren werden die traditionellen Bankprozesse.

Letzte Woche war mal wieder eine FinTech-Woche: Das Bundesministerium der Finanzen lud gemeinsam mit Bitkom und dem Bundesverband deutscher Start-ups zum ersten FinCamp in Berlin ein, der Rest der Branche traf sich auf der „What the FinTech“-Konferenz in Köln. Die Bedeutung der jungen Szene wächst, Politik und Verbände nähern sich an. So passt es auch ins Bild, dass heute die offizielle Zusammenarbeit des Bundesverbandes deutscher Banken mit FinTechs startet. Gegründet wird das „Kommunikationsforum Digital Banking“. FinTech wird Mainstream und schafft es bis in die Boulevardmedien. Die Bild am Sonntag titelte unlängst: „Sieht so die Bank der Zukunft aus?“ und berichtete über Number26.

Und auch aktuelle Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die weltweiten Investitionen in FinTech-Start-ups nahmen 2015 gegenüber dem Vorjahr um 56 Prozent zu und erreichten mit 19,1 Milliarden US-Dollar ein neues Rekordniveau. Deutschland liegt im internationalen Vergleich zwar nach wie vor zurück, aber auch hier verdoppelte sich die Investitionssumme von 2014 auf 2015 auf nahezu 193 Millionen US-Dollar. Kürzlich konnte z.B. das Kreditvermittlungs- und Scoring-Unternehmen Kreditech zehn Millionen einsammeln – auf den ersten Blick kein riesiger Betrag, doch das Geld stammt von der International Finance Corporation (IFC), einem Investmentarm der Weltbankgruppe.

Die FinTech-Revolution?

Mir stellt sich die Frage: Goldgräberstimmung oder befinden wir uns tatsächlich am Beginn eines neuen digitalen Zeitalters? Kaum ein „Banker der alten Schule“ kann (oder will) das so recht glauben. Zu präsent sind noch die seligen Zeiten, in denen Kreditverträge etc. primär face-to-face in der Filiale abgeschlossen wurden. Aber Fakt ist, die deutsche FinTech-Szene sorgt für Wind und blickt auf ereignisreiche Monate zurück – im positiven wie auch im negativen Sinne: Während einige mit großen Investmentrunden glänzen konnten, mussten andere FinTechs wie Yapital ihren Dienst einstellen. Was sagen die Experten – wie geht es mit den Banken-Angreifern weiter? Zunächst zwei Statements aus den Reihen des FinTech Rat Packs:

„Im Rückblick wird man das Jahr 2015 als den Weckruf für die klassische Finanzwirtschaft bezeichnen. Der Begriff FinTech ist durch starke mediale Präsenz einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht worden – und die Noch-Großen der Finanzbranche sind aufgewacht.“ (André M. Bajorat, CEO Figo)

„Die FinTech-Szene wird langsam erwachsen und mit ihr die angebotenen Produkte. Es ist nicht mehr der „heiße Scheiß“, sondern eine etablierte Branche, die durch Unternehmen außerhalb der Bankenwelt gestaltet wird.“ (Maik Klotz, Senior Consultant bei der KI-Finance GmbH)

Banken sehen das naturgemäß etwas anders. Im Rahmen unserer FinTech-Studie sagen auch sie, dass die Relevanz der FinTechs steigt: Heute sind sie für 24 Prozent (sehr) relevant – ein Wert, der im Zeithorizont betrachtet zunimmt. In fünf Jahren auf 53 Prozent, in zehn auf 74 Prozent. Aber haben sie die Kraft, die Bankenlandschaft nachhaltig zu verändern? Hier waren unsere Gesprächspartner zwiegespalten:

„Können sie nicht nur, sondern tun es auch schon. (…) Und sie haben eine Innovationskraft und Flexibilität, die Banken im Moment größtenteils vermissen lassen“,

sagt einer unserer Interviewpartner. Der andere:

„FinTechs sind sehr spezialisierte Anbieter. Das komplette Dienstleistungsangebot einer Bank decken sie nicht ab.“

Evo- statt Revolution

Wie so oft liegt die Wahrheit in der Mitte. Natürlich stehen wir am Beginn eines neuen digitalen Zeitalters, aber aus meiner Sicht ist die Frage nicht „FinTech oder Banken“. Die beiden Seiten bewegen sich aufeinander zu und die Grenzen beginnen bereits heute (wenn auch zaghaft) zu verschwimmen: Viele Finanzinstitute agieren als Inkubatoren, Banken wie die Sutor Bank arbeiten nicht nur eng mit FinTechs zusammen, sondern bieten ihnen unter dem Schlagwort Banking-as-a-Service umfangreiche Dienstleistungen an und mit der solarisBank ist gerade die erste „Techie-Bank“ an den Start gegangen.

Hier möchte ich auf einen passenden Artikel von Dirk Elsner im Wirtschaftsmagazin Capital mit dem Titel „Die FinTech-Revolution fällt aus“ verweisen. Er kommt zu dem Schluss, dass die Digitalisierung (die FinTechs) nicht den Finanzsektor bedrohen, sondern die darunter zusammengefassten Konzepte und Technologien. Neue Services erweitern die Angebotspalette an Finanzdienstleistungen.

Der Kunde als Gewinner

Gewinnen wird in erster Linie der Kunde, verlieren werden die traditionellen Bankprozesse. Wann und wie der Kunde gewinnt, steht dabei allerdings noch keineswegs fest. Die Zukunftsaussichten für Start-ups und Banken mit Technologiezuschnitt sind rosig. Bis sich endgültig die Spreu vom Weizen trennt, wird es jedoch noch dauern – und so manches FinTech, so mancher Venture-Kapitalist und so manche Großbank werden noch kräftig Lehrgeld zahlen müssen. Am Ende gilt: „Nothing ventured – nothing gained!“  Oder: Wer jetzt nicht anfängt, wird am Ende mit leeren Händen dastehen und letztlich auch alle Chancen bei den Kunden verlieren.

 

Bildquelle: Shutterstock

 

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

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    Keine Frage, dass FinTech ein wichtiger Meilenstein in der Evolution der Bankenbranche ist. Aber dass diese „durch Unternehmen außerhalb der Bankenwelt gestaltet wird“ entspringt wohl mehr dem Wunschdenken zahlreicher FinTech-Gründer als der Realität, in der viele Banken in den letzten 1-2 Jahren gezeigt haben, dass FinTech eben kein Rocket Science ist und man vermeintliche Vorsprünge mit Kapital und Kunden schnell aufholen kann. Das man sich dabei z.T. derjenigen Startups bedient, die dies zum Ziel ihrer Existenz gemacht haben, ist kein Widerspruch dazu.

    Beste Grüße
    Hansjörg Leichsenring

    1. Avatar
      Hans Jörg von Schönfeldt

      Dass die Digitalisierungsrevolution von außerhalb der Bankenbranche kam, wird man wohl nicht bestreiten. Wir alle sind als Privatkunden schon vor Jahren mit diesen neuen Angeboten in Berührung gekommen (ebay, Amazon etc). Nicht zuletzt hat aber auch PayPal schon vor über zehn Jahren einen Geschäftsprozess geschaffen, den in der klassischen Bankenlandschaft niemand für möglich gehalten hätte. Viel zu spät haben die Banken auf diese Geschäftsprozesse reagiert, mit der Folge, dass auch Nischenplayer wie Sofortüberweisung oder die Wirecard Bank mit ihren speziellen Geschäftsprozessen ein auskömmliches Geschäft starteten. Im Grunde ist das nur eine Wiederholung der Lage eine Dekade zuvor, als die Autobanken einen extrem starken Aufschwung durchmachten und die klassischen Banken durch den Kundenabfluss schon damals darunter zu leiden hatten.
      Gleichwohl ist es richtig, dass zumindest die deutsche FinTech-Szene von vielen ehemaligen Bankern und Produktmanagern begleitet und aufgebaut wird. Man spricht nun zwischen FinTechs, den Banken und den klassischen IT-Consulting-Unternehmen und Produktherstellern die gleiche Sprache.
      Insofern haben sich diese beiden Streams zwar verspätet aber letztlich dann doch kohärent aufeinander zu bewegt. Es ist eben doch so, dass IT Kernkompetenz einer Bank ist und kein „Commodity“ wie uns so mancher IT-Vorstand vor rund 15 Jahren Glauben machen wollte.
      Deshalb ist es nun der gesamten Bankenszene zu wünschen, dass sie die Impulse von außen geschickt aufnehmen kann und manch innere Beharrungskräfte überwunden werden können. Im Sinne einer hoffentlich erfolgenden Ertragssteigerung sollten die Banken auch wieder bald die Früchte dieser neuen Herausforderung genießen.

      Mit besten Grüßen, Hans Jörg von Schönfeldt

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