Digitalkamera, MP3-Player, Taschenkalender, Notizzettel… all das brauchen wir heute nicht mehr, wenn wir nur unser Smartphone dabei haben. Und diese Liste könnte beliebig weit fortgesetzt werden. Was ist da naheliegender als die Vermutung, dass diese umfassende Digitalisierung unseres Handtascheninhaltes demnächst auch unseren Geldbeutel erfassen wird? Wozu noch Bargeld und Kreditkarte mit uns rumschleppen, wenn wir doch schließlich unser Smartphone dabei haben?
So weit die Theorie. Der Blick in die Realität zeigt jedoch, dass Mobile Payment gerade bei uns in Deutschland zum aktuellen Zeitpunkt noch alles andere als etabliert ist. Verschiedene Anbieter haben sich bereits an mobilen Zahlungsmethoden versucht und sind mehr oder weniger kläglich gescheitert. So musste beispielsweise Yapital, eine Tochter der Otto Group, die eine QR-Code-basierte Zahlungsweise auf dem Markt durchsetzen wollte, ihren Betrieb Ende Januar einstellen. Der von O2, Vodafone und der Telekom unterstützte Dienst mpass wiederum besteht zwar weiterhin, konnte sich bisher aber genauso wenig auf dem Markt durchsetzen. Oder haben Sie etwa schon einmal beobachtet, dass Ihr Vordermann an der Supermarktkasse anstelle seines Geldbeutels sein Smartphone zückt?
Wollen die Deutschen kein Mobile Payment?
Dass die deutschen Konsumenten aktuell noch keine besondere Affinität zu welcher Mobile-Payment-Methode auch immer haben, ist für jeden offensichtlich, der hin und wieder irgendetwas kauft. Die Deutschen lieben ihr Bargeld und selbst Zahlungen per Kreditkarte sind bei uns noch lange nicht so weitgehend etabliert wie beispielsweise in den USA. Doch auch wenn wir in Alltagssituationen immer noch am ehesten zum Bargeld greifen – eine Kredit- oder zumindest EC-Karte hat dann doch so ziemlich jeder. Aber wer hat schon eine Mobile-Payment-App auf seinem Smartphone?
Eine nahezu rhetorische Frage. Aber warum eigentlich? Aus Nutzersicht gibt es drei entscheidende Argumente dafür, dass sich Mobile Payment in Deutschland bisher nicht durchsetzen konnte:
1. Registrierungs- und Installationshürde: Die verstärkte Digitalisierung und Social-Medialisierung unseres täglichen Lebens hat einen Nachteil: Wir müssen uns ständig irgendwo registrieren oder schon wieder eine neue App installieren. Kein Wunder, dass sich daran viele Smartphone-Nutzer stören – zumal der Speicherplatz auf den Geräten ja alles andere als unendlich ist.
2. Fehlende Standards: Bisher konnte sich im Bereich des Mobile Payments noch kein definitiver Standard herauskristallisieren, der die verschiedenen Vorgehensweisen vereinheitlicht hätte. Und möchten Sie Ihren Einkaufsort etwa zukünftig nicht mehr anhand des Angebots oder der Entfernung zu Ihrem Wohnort, sondern nach den dort angebotenen Bezahlmöglichkeiten auswählen? Noch so eine rhetorische Frage…
3. Kein erkennbarer Mehrwert: Bis dato vereinfacht Mobile Payment den Bezahlvorgang nicht und mit Sicherheit hat es auch noch niemals eine Schlange an der Supermarktkasse verkürzt. Im Gegenteil: Das Wirrwarr an verschiedenen Anbietern und Methoden verkompliziert den Prozess und stiftet bei Nutzern und Kassenpersonal sowohl Verwirrung als auch Unübersichtlichkeit.
Apple und Google revolutionieren den Markt
Auftritt Apple und Google. Im September 2014 stellte das Unternehmen aus Cupertino seinen mobilen Bezahldienst Apple Pay vor, ein knappes halbes Jahr später zog Google nach und kündigte Android Pay an. Apple Pay kann derzeit in den USA und Großbritannien genutzt werden, Android Pay aktuell ausschließlich in den Vereinigten Staaten. Doch in beiden Fällen sollen schon bald weitere Länder folgen.
Worin liegt nun der entscheidende Unterschied in den Angeboten der beiden Big Player verglichen mit den aktuellen Mobile-Payment-Diensten auf dem Markt? Zuerst einmal entfallen die Registrierungs- und Installationshürden komplett. Bei Apple und Android Pay handelt es sich schließlich nicht um neue Produkte, sondern lediglich um neue Features bestehender Produkte, die sowieso schon jeder besitzt (iOS und Android belegen zusammen knapp 90 Prozent des weltweiten Smartphone-Marktes!). Und warum die vorhandenen Optionen nicht nutzen? Auch die Frage nach einer Standardisierung im Mobile-Payment-Markt erübrigt sich mit der Einführung von Apple und Android Pay: zwei verschiedene Systeme, beide NFC-basiert – einfacher geht’s kaum.
Und der Mehrwert? Vielen Nutzern dürfte rein das Argument genügen, all ihre Dienste unkompliziert an einem Ort versammelt zu sehen. Ihr Smartphone haben die Digital Natives sowieso meistens in der Hand – wieso nicht auch gleich damit bezahlen? Zumal sie ihre Musik, Filme, Apps und ihren Lesestoff ja mit großer Wahrscheinlichkeit über denselben Account beziehen.
Deutschland, wann bist du so weit?
Werden sich Bezahlmethoden mittels Smartphone auch bei uns in Deutschland durchsetzen? Bei Betrachtung des Siegeszuges der mobilen Allrounder dürfte es wohl selbst den größten Skeptikern unter uns schwerfallen, diese Frage mit nein zu beantworten. Viel eher muss man fragen: Wann werden sie sich endlich durchsetzen?
Meine Antwort: Apple und Android Pay werden dem Mobile Payment auch bei uns einen gehörigen Aufschwung bescheren und ihm vielleicht sogar zu seinem endgültigen Durchbruch verhelfen. Fehlt nur noch ein offizieller Starttermin der beiden Dienste hierzulande. Verschiedene Quellen deuten auf einen baldigen Start des Apple-Services in Deutschland hin – und wo Apple ist, da kann auch Google nicht lange fernbleiben…
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